Wenn ihr schon einmal Hektik, gut organisiertes Chaos und kein Englisch erlebt habt, dann seid ihr entweder erstens im Streichelzoo, macht ihr euch zweitens keine Vorstellungen oder drittens wart ihr dann sicher schon einmal in italienischen Bahnhöfen!!! Nein? Doch? Richtig!
Von italienischen Bahnhöfen bekommt man dazu auch gut einen Vorgeschmack was Streichelzoo bedeutet. Da kann man sich ruhig Vorstellungen von machen. Denn so ist es.
Dass hier neben dem unaufdringlichen Geschubse, den 100 unterschiedlichen Laufrichtungen, dem Sprachpotpourri -ganz zu schweigen von der Lautstärke- überhaupt was läuft, ist sensationell. Denn es läuft hier wirklich alles und jeder. Selbst die Züge sind pünktlich und nie zu spät (kleiner Seitenhieb an die DB. Okay ein großer hihi). Wenn in Italien ein Zug zu spät kommt, ist es meist ein Bus und dann, weil er ausfällt. Dann muss man halt mit Gepäck laufen. Kann passieren. Aber so einiges passiert bereits auch am Bahnhof:
Alte glattrasierte Opis im Anzug und fescher Rockstar-Sonnenbrille schleppen Koffer, die größer sind als ihre geschminkten und hoch gefönten Frauen mit modischer Handtasche, die Treppen hinauf. Und sehen dabei echt cool aus. Direkt an den Eingangstüren zum Bahnhof oder zur Plattform wird sich breit und ausgedehnt unterhalten, Kaffee getrunken oder in eine neckisch aussehende Süßspeise gebissen. 15cm Breite Durchgang reichen ja als Fluchtweg für Klaustrophobe locker aus... Lautes Geschrei und Handarbeit wohin man sieht und hört, auch wenn der Gesprächspartner direkt neben einem steht. Ihn einfach mitten im Weg und unvorbereitet am Arm packen, zum Fahrkartenautomat oder Objekt des Interesses drehen, wild fuchtelnd auf es zeigen und dasselbe nochmal beherzt von vorn. So wirds gemacht. Noch plötzlicher dann. Auch wenn der Arm mittlerweile taub ist und man schon Kopfschmerzen hat. Doppelt daran erinnern, ist halb so schnell vergessen. Das ist die Devise der Italiener.
Allein um eine Fahrkarte zu bekommen, muss man die erste Hürde nehmen und sich wie beim Flughafenterminal bei der richtigen Zuggesellschaft (trainitalia) anstellen, um einen gültigen Fahrschein zu lösen. Ein Glück, dass hier alle Anbieter die gut zu unterscheidenden Farben Rot, Grün und Weiß für sich entdeckt haben. Danach (also am richtig beschrifteten Kasten) zahlt es sich aus studiert zu haben, denn die Bedienung verlangt einiges ab. Selbst wenn man die gewünschte Sprache ausgewählt hat, spinnt der Automat nach Laune und entscheidet sich heimatlich verbunden für Italienisch. Ist klar. Der muss die ganze Zeit auch in der prallen Sonne stehen. Das kann einen schonmal zu Kopfe steigen. Wenn er dich dann noch nicht recht leiden kann.. darfst du es auf Chinesisch aushandeln! Einfach so mittendrin muss man das Orakel befragen. Bereit ist man dafür oft nicht. Ist man geistesgegenwärtig oder wundersam bis zum Bezahlen-Button durchgekommen, entscheidet es sich dann, ob der Automat nur Cash nimmt oder Karte oder nur ein Infoautomat war, bei dem du nichts kaufen kannst. Nichts! Hast du letztere Variante mit einem Blick auf den finalen Bildschirm ausgeschlossen, atmest du auf. Aber nur kurz. Denn wenn man zufällig am bockischen Elektrokasten steht, der allen Geldkarten gegenüber abneigend eingestellt ist und man gerade kein ausreichend Bargeld griffbereit hat, muss man die Schlange wechseln und das Abenteuer geht von vorn los. Einfach einreihen an dessen Anfang der Kartennehmerautomat (und Bruder des Cashautomaten) in Italienienfarben auf seine Rache und ein Wiedersehen wartet. Die Reihe, in der du gerade die Beine in den Bauch stehst, ist dazu auch nur doppelt so lang wie die, in der du kürzlich erst standest. Und ganz viele Touris hintereinander, die eh schon leichte Schwierigkeiten mit dem Handling haben könnten. Freude durchströmt dich. Nach einer Stunde hält man dann das gewünschte Ticket in den Händen. Glücklich umklammert, mit Schweiß gemischt. Keiner der Italiener kann Englisch und du hattest letztlich den Automaten, der gebrochen Englisch sprach.
Es wurde alles berücksichtigt und man hat viel gelernt.
Was ich euch damit sagen möchte: seid einfach eine gute Stunde vor Abfahrt eures Zuges am Bahnhof. Dann kann mit der Italienreise nichts schiefgehen, außer ihr nehmt den falschen Zug oder habt vergessen die Fahrkarte zu entwerten. Auch dafür tut ein Studium gut.
Aber alles kein Problem. Im Inneren der Züge warten wirklich bequeme Sitze auf einen, viel sauberer Platz und eine fantastische Aussicht auf Dörfer und Landschaft. Das alles zum Spottpreis garniert mit echten Schönheiten als Fahrpersonal.
Doch bevor man durch Italien fährt und schönen Halt in Padua oder Verona macht, erweist es sich als ratsam in der Schule unbedingt gut und lange aufgepasst zu haben. Damit man später Fahrkarten kompetent kaufen kann und nicht verzweifelt. Es ist notwendig diese Art von Aufgaben in der Schule zu behandeln. Mit Nachdruck! Jetzt sehe ich das eindeutig ein.
Klar. Es geht sicher einfacher.
Dachte ich auch. Handyticket ist sicher einfacher. Muss in Italien aber noch ausgedruckt werden! Die Zeiten des Taschendruckgeräts sind noch ferne Zukunftsmusik. Auch die Tintenfischgene hat noch kein Zellforscher beim Menschen entdeckt. Und mit Blut besiegelt man nur das Unvermeidliche. Deshalb sag 'Guten Tag' zum Automat. Sieh es positiv. Man kommt in persönlichen Kontakt. Ganz eng. Das ersetzt ein Handy eben nicht unbedingt.