Nachdem ich den gestrigen tristen internationalen Ohne-Bart-Tag dazu genutzt habe lang und ausgedehnt meine Gesichtswolle zu kämmen und zu ölen, fiel mir -vom Regenwetter gesegnet- der Beschluss leicht 3 Tage in mein frischlinghaftes Backpackerleben ein bisschen Ruhe und Erholung zu mischen.
Wo kann man dies besser als Nahe der Kalkalpen bei einem guten Freund? Dieser gute Freund heißt Thomas und wohnt seit knapp 3 Wochen in Steyr. Mein Namensvetter und ich kennen uns schon viele Jahre. Wir haben gestern Abend bei einer hauseigenen Stieglbierverkostung mühevoll überlegt seit wann genau und mussten uns eingestehen, dass es wohl mal beim Kartfahren eines gemeinsamen Freundes vor 7 Jahren gewesen sein muss. Wir einigten uns darauf diese zeitliche Ungewissheit und die Datierungsschwierigkeiten als ein gutes Zeichen unserer Freundschaft (und entfernt der Wirkung des Bieres) zu sehen: Dass auch wenn sich einiges im Leben ändert, gewisse Dinge Bestand haben -unabhängig, ob man sich an etwas bis ins Kleinste erinnert oder nicht. Thomas ist sozusagen im Auswandern begriffen, da er gleich um die Ecke einen Job bei einem großen bayrischen Autokonzern erhalten hat, der genau seinen studierten Schwerpunkt der Motorenherstellung anbietet.
Als ich ihn in Salzburg anschrieb, ob ich eventuell für ein paar Tage bei ihm in seiner neuen Bleibe unterkommen kann, schrieb er prompt und ellenlang zurück: "Klar". Ich gab Reisedauer und -zeit durch und sein "Ok", besiegelte alles. Das fand ich spitze.
Er sagt immer klar und deutlich, ohne viel Umschweife, was Phase ist. (Da ist ein anderer Thomas anders.) Obwohl er mit dem Einrichten seiner Behausung selbst noch im Tertiär steckt, bereitete ihm dieser Zustand und mein Kommen keinerlei Umstände. Schlaflose Nächte Fehlanzeige. Ganz im Gegenteil! Als er erfuhr, dass ich kommen möchte, hat er extra noch eine pneumatisch-aufpumpbare Matratze organisiert, auf der ich wie ein König schlief. Im Traum war das mein Hovercraft mit dem ich über die Steyr und die wild schäumende Enns heizte. Beide fließen hier während eines meiner nassen Spaziergänge unter dem Schloss Lamberg und der Michaelerkirche sprudelnd an einem vorbei. Die Ströme werden von Bächen und Flussläufen der Kalkalpen gespeist, sodass die Strömung sehr schnell unter den vielen Brückenbögen der schnuckeligen Kleinstadt dahinschießt. Fast so schnell waren wir unterwegs, denn nach dem ersten herzlichen Hallo gab mir Thomas sogleich eine Stadtführung. Zu Hause zurückgekehrt und mit neuen Eindrücken in der Tasche überreichte er mir dann lässig die Schlüssel für sein Heim. Sein Heim, das er sich ab Freitag mit seiner langjährigen Freundin teilen wird, welche noch aus Deutschland anreist, kann sich sehen lassen. Es hat einen Balkon, der größer ist als die Grundfläche meiner alten Wohnung in Westfalen.. Er ist ein umsorgender Gastgeber und ich werde mich den noch verbleibenden Tag wohlfühlen.
Da Thomas tagsüber arbeitet, beschäftige ich mich selbst: Kein Problem. Ich bin darin erprobt. Das ist das Leben eines Reisenden. Er muss viele Ichs haben und die Zeit mit sich abkönnen, damit es nicht langweilig wird. Ich sinnierte über die Reise, über das, was vor mir liegt und das, was zurück liegt. Ich suchte nach Hostels und informierte mich über die Gegenden, die noch kommen werden. So nutzte ich gestern auch die freie Zeit, um ein Buch zu lesen, gepflegt Musik zu hören und meinen Schmutzwäscheberg zu waschen. Das entsprechende Programm der Waschmaschine zu verwenden war sichtlich angenehmer als alles über sein körpereigenes Waschbrett(!) zu ziehen und per Hand zu trommeln. Am Ende meines schleudernden Kopfschachs winkte mir die Reiselust immer noch fröhlich zu.
Täglich versuche ich mich in irgendeiner Form für die Bleibe im Reich der Umzugskisten bei Thomas zu revanchieren, obwohl ich es nicht müsste. Schließlich schaffte ich ungelenk ein wenig Ordnung. Solange ich keine wilde Party ohne ihn feiere, ist ihm alles recht, glaube ich. "Wird schon werden", ist Thomas' Motto. Abends machten wir WG-Krams. Da wurde z.B. gekocht! Also das, was Männer unter dem Fremdwort Kochen verstehen. Also es wurde versucht sich diesem Sammelbegriff zu nähern. Beim Essen sind wir beide schmerzfrei und wenig anspruchsvoll. Die gewürzte Alles-rein-was-geht-Pfanne zum Beispiel war der Kracher! Es schmeckte uns beiden gleichermaßen. Als dann 'Friends Never Say Goodbye' von Elton John weinerlich im Radio Oberösterreichs lief, schauten wir uns fragend an und drehten den Schmarn mit einem wissenden Lachen aus. Der neue Elton ärgerte sich danach schwarz und sang nur noch HipHop. Es ist toll sich wortlos zu verstehen. Wir schaufelten unsere Kreation und alles, was geht, in uns hinein. Unsere Köpfe nickten im Basstakt. Lass dir auch den Tag schmecken. Bis zum nächsten Kracher, Lesefreund!
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