Donnerstag, 10. November 2016

ROMantik


Ave! Eine Stadt, die man liebt oder der man hoffnungslos verfällt. Ich fühle mich gerade zu letzterem hingezogen. Schon der erste Sonnenuntergang ließ mich schmelzen. Ohne Filter, nur Natur. Ich muss nicht extra betonen, dass es schön ist. Ich meine diese Stadt am Tiber. Im Namen steckt schon die halbe Romantik. Die Rede ist von Rom! Was für ein A-ROMa! Soviele Kirchen, Kathedralen, Dome. Kleine, mittlere, große, riesige. Alle wunderschön und mit Faszination der Gläubigen getragen. Jeder Gottesdienst ist so mitreißend wie ein Rockkonzert. Es ist ein Gesang, der augenblicklich zufrieden macht und zum Bleiben verlangt. Auch wenn man nichts damit am Hut hat. Es gibt so viele Kreuze. Da kann man Lichtjahre lang wählen gehen. 
Ebenso viele Statuen, die Monumente und Obelisken ablösen. Ganz viele Springbrunnen und Wasserspiele, von der Größe eines Tetrapack bis zum halben Fußballfeld. Ich müsste hier den lateinischen Elativ zur Beschreibung der ganzen Atmosphäre nehmen, denn der Superlativ reicht nicht. Alles ist stimmig. Moderne Großstadt meets römisch-griechische Historie. Mit allem was dazu gehört...Obendrauf gibt es den Vatikan, den päpstlichen Herrschaftssitz. Gut abgeschmeckt. Einzigartig lecker! Nur die Pizza fängt hier an schlechter zu werden. Venedig und Florenz sind die Hochburgen. Dies bestätigte mir auch Michael, Deutscher und Italienfreak. Ihn traf ich an meinem letzten Tag im Florenzer Hostel und er gab mir wertvolle Tipps für Sizilien mit auf den Weg. Ich soll mich auf meiner Reise in den Süden aller spätestens bis Neapel an der Pizza abgegessen haben! Ich weiß, was er damit meinte. Die Pizza hier haut einen nicht mehr um. Die Panini büßen allerdings nichts an ihrer Geschmacklichkeit ein und sind kein Stück vergleichbar mit der deutschen Variante. Wie im Norden Italiens sind sie auch in Rom längliche, weiche Milchbrötchen(!) mit Schinken, Käse, Oliven, Salat etc. belegt. Keine Remoulade oder so. Das ganze natürlich warm und frisch zubereitet. Wenn ich zuhause bin, werde ich das sicher vermissen. 
Paare sitzen abends auf Mauern, die winzige Piazza (Plätze) einfassen oder auf der blanken Straßengasse und trinken Wein oder Peroni. Es ist 23:30Uhr und alle Restaurants sind gut gefüllt. Die Teller auch. Oft eine Risottokreation oder frutti di mare auf Pasta. Es wird zünftig gespeist und wild gestikuliert. Für Essen ist es nie zu spät,sprach die Miesmuschel. Danach gibt es immer ein "Si" zum Espresso. Tagsüber sind viele Italiener sehr stur und wirken unfreundlich bis genervt. Das Handy am Ohr. Vielleicht von soviel Tourismusvolk und wenig Schlaf erkaltet. Der Kokon um zu bestehen. Sie nehmen den gesamten Bürgersteig ein und denken nicht daran etwas Platz zu machen. Dabei sind viele ziemlich klein (und schmal). Aber dicke, gebügelte Hose kennen sie hier auch und jemanden anzurempeln gehört wohl zum guten Ton. Danach wird zweimal auf die Wange geküsst. Solche Verhaltensweisen gibt es viele und wenn man sich etwas länger kennenlernt, gehört das zur Normalität. Eigentlich sind sie aufgeschlossen, nur sehr temperamentvoll. Gibt man Kontra, gibt es das doppelt zurück und eine Meinung hat hier jeder. Italiener nutzen ungern bis gar nicht die englische Sprache. Sie sind darin unsicher, sagen sie. Im ersten Kontakt und Austausch zurückhaltender, springen einen nicht gleich an den Hals. Das ist ok. Ganz anders die Schirm- und Sonnenbrillenverkäufer. Sie sind so normal wie jeder hier. Nur aufdringlicher. Auch sie müssen den Spagat zwischen Leben und Wünschen hinbekommen.
Alte glatzköpfige Männer sitzen zigarrequalmend auf alten Holz - oder neuen Plastestühlen, die fast unter ihrem Gewicht zusammenbrechen. Sie machen einen auf den Paten. In Hinterhöfen sieht man Pause machende Köche oder Mitarbeiter von Restaurants, ganz in Weiß gekleidet.
Es wird sich mit Auto bis in die kleinste Parklücke gequetscht, dass es eine Freude ist und einem schon vom Hinschauen schlecht wird. Rückfahrwarnung macht hier keinen Sinn, da eh nur Dauerton zu hören wäre. Nach erfolgreicher Lenkradübung wird ausgestiegen und achselzuckend zur Kenntnis genommen wie viel Platz noch ist. Lächerlich viel! Bis zur nächsten Stoßstange sind es noch 5cm. 
Bei aller Liebe zu Italien und der Gewöhnung an vieles, aber dieses Land hat eine Kehrseite. Neben Arbeitslosigkeit, Armut, Müll, Bürokratie, welche ich nicht weiter ausschmücken möchte und leider zum Standard einer jeden Großstadt zählen. 
Dieser bleibt, fest verankert.Der Krach und das Gehupe bleiben auch. Das ist die lapidarste Kehrseite. Man muss zusätzlich ständig Angst haben als Kühlerfigur zu enden. Es gibt große Kreisverkehre ohne Spuren. Es wird links und rechts überholt. Blinker und Geschwindigkeitsbegrenzung gibts nicht. Wer zuviel nachdenkt, verliert. Einfach fahren. Es wird alles entspannt erzwungen! Als Fußgänger todesmutig zu sein, gehört hier zum Grundsatz. Ich muss sagen, es funktioniert gut. Ganz gemütlich, wenn man auf der anderen Seite angekommen ist und der Rest auf einen nie kommenden, freien Fußgängerüberweg wartet. Am treffendsten kann man es wohl wie Cecilia formulieren. Sie ist die erste Italienerin, die ich (auf dem Altare della Patria) traf und galaktisch gut Englisch sprechen konnte: Wie bei der Straßenüberquerung muss man doppelt hinschauen. Eine Stadt für einen wundervollen längeren Urlaub allemal, aber zum längeren Leben nicht. Ich möchte es so stehenlassen. 
Mein kürzeres Leben als Römer ist genauso wundervoll durch meine internationalen Gladiatoren im Hostel. Hier kommen die Einzelkämpfer der Freiheit:
Jamie aus  London. Er ist gemütlich. Ein wenig grumpy. Pfeife rauchend erträgt er jede freie Minute den Brexit. Auch seine arbeitslose Zeit. Er hat seinen Job als Rezeptionist im Hotel gekündigt. Er konnte das nicht mehr. Er zieht vorerst 3 Wochen rum, damit er was macht und zu tun hat. Danach ist danach. Geiler Typ! Wir sprachen abends ernsthaft bis zynisch über Politik, von der er viel verstand und natürlich Fußball.
Dann noch Ben aus den Staaten. Es ist US-Wahlkampf und er wird die kommende Nacht schlecht schlafen. Am Election Day und der Verkündung der ersten Wahl-Ergebnisse schmierten wir ihm lieber den Toast, denn er malträtierte sein Weißbrot und wir befürchteten er habe sehr viel Lust sich umzubringen. "I'll get my gun", sagte er scherzend zum Ergebnis, aber mit viel schwarzem Humor, denn er hat nie in seinem Leben eine Waffe angefasst. Er regte sich die ganze Frühstückszeit über diese "bulshit" Wahl auf und all die bescheuerten 150 Mio. (57Mio Stimmen) Trump-Wähler. Als Latino-Ami befürchtet er sein PhD im Ausland an den Nagel hängen zu müssen und massive Einschränkungen seiner Forschungsarbeit. Rose, Work-und Travel Frau aus Kanada, versuchte ihn zu trösten. Was ihr vorübergehend gut gelang. Jamie war da anderer Meinung und ließ das Wahlkampfthema nicht ruhen. Er zeigte sich erfreut, dass Großbritannien nun den schwarzen Peter los ist und nicht mehr das Gespött der Welt ist. Danke Amerika. Make Britain great again. Vielleicht geht auch noch alles glimpflich aus und bulshit Trump wird wenig bedenkliche Auswirkungen haben, bemerkte Rose mit gehobenen Brauen. Ich hoffte sie hat Recht. Das wäre ein Happy End. Fast schon irgendwie romantisch. 












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