Postkarten Italiens zieren diese Dörfer. Es sind 5 Dörfer (Cinque Terre), die alle an der Westküste Italiens gelegen sind, eine klimatisch begünstigte Lage aufweisen und ihre kleinen verschiedenfarbigen Häuser zum Meer recken. In den Holzfenstern spiegelt sich die blaue Weite des Himmels und des Mittelmeeres! Denn die bunten Dörfer liegen direkt am Wasser. Ich sage direkt, weil die unteren Häuser diese fast berühren. Selbst Italiener schweigen und verneigen sich ehrfürchtig vor einem Reisenden, der dahin aufbrechen möchte. Dann schwärmen sie einen etwas vor und freuen sich bereits auf Frühling, wenn sie dahin wieder eine Tour machen. Die Postkartenbilder lügen hier nicht. Es ist wirklich so. Das ist italienische Riviera!
In letzter Zeit des Starkregens und der zunehmenden Flut sind aber einige Wege gesperrt, auch wegen Erdrutschen (oder weil man es mit der Ausbesserung diverser Marschrouten nicht so genau nimmt) und die Existenz dieser bunten Häuser ist durchaus bedroht. Von den fünf traumhaften Dörfern habe ich mich zu zweien aufgemacht. Zu Riomaggiore und Manarola. Den südlichsten Städtchen, die darüber hinaus nah beieinander liegen. In einer gemächlichen Stunde ist man zu Fuß von einem zum anderen unterwegs, wenn man sich Zeit lässt. Und das mache ich ja.
Aufgebrochen bin ich deshalb auch ganz früh. Um 6:30Uhr checkte ich im Hostel aus (was selbst für die Mitarbeiterin -geschweige denn für mich!- unglaublich war) und begab mich auf die Reise. Mein Gepäck ließ ich im Hostel zurück. Da erst halb 10 abends mein Nachtzug nach Frankreich geht, habe ich den gesamten Tag zum Ausklingen und Abschied nehmen von Italien. Dazu einen offenbar traumhaften. Das Wetter zeigte sich gnädig. Man spürte an der Morgenluft, dass es ein toller Tag werden wird. Der Sonnenaufgang im Zug machte die dreiviertel Stunde Verspätung der Regionallinie locker weg. Der Müdigkeit half danach ein Nickerchen im Zug. Knapp 2 Stunden dauerte die Fahrt. Einige Pendler gähnten und schnarchten unisono. Aufregen über die Verspätung hielt keiner für nötig. Da ist man entspannter Dinge. Ich muss auch nicht betonen, dass die Fahrt an der Küste entlanging und der Zug kleine Häfen passierte. In Riomaggiore angelangt bekommt man am Bahnhof zu x-Zeiten gesagt, dass man im Cinque Terre Nationalpark Station gemacht hat. Dazu trifft man.. niemanden! Nur ein kleines Café am Bahnhof hat offen, in dem es einen Cashautomaten gibt und 2 verschlafene Backpacker sich ein Frühstück genehmigten. Durch einen farbigen Tunnel wie im Sealifeaquarium gelangt man direkt zum winzigen Marktplatz Riomaggiores, der gleichzeitig buntes Zentrum und Pausenhof einer kleinen Schule ist. Auch zum Hafen (Marina) und dem Fotomotiv schlechthin ist es von da aus nur ein Katzensprung. Die Katzen hier sehen gesund aus, sind aber recht dünn und erlegen kleine Goldstrieme, die im mautzenden Maul zappeln. Ein Fischer bessert sein Netz im Hafen aus und ein Pärchen schießt romantische Selfies. Das kann ich ihnen hier wirklich nicht verübeln.
An den Küsten brüten Möven und braun-weiße Tauben. Auch gepflegte Stadttauben trifft man an. Manchmal begleitet einen auf schiefen und buckligen Treppen nur das herbe Kreischen und das leise Gurren und man sucht vergebens nach der Ursache. Die Observation der Tierwelt beginnt, wenn man sich abseits der Touristenwege immer gefühlt wie ein Einbrecher durch die Gassen schlägt. Läuft man vom Platz (Centro Paese) an der linken Hafenseite entlang und bleibt an der Steilküste, flacht diese ab und führt einen zu einem schönen, verwunschenen Steinstrand in einer weiteren Bucht. Mit jeder zurückbrandenden Welle gibt es über den großen Steinen zuerst ein Schäumen, dann ein munteres gurgelndes Geräusch. Weiter ab sieht man 3 Angler ihr Glück im Meer versuchen und die 4m Rute auswerfen. Es gibt Jagd auf Hochseefische. Die Jagd im Hafen beginnt gegen 10Uhr, dann haben Japaner und Chinesen den Ort bevölkert. Nach 20min ist man wieder allein und die Meute ist weitergezogen. Es ist gut wenn man hier die engen, steilen Wege durch die kleine Stadt nimmt und nicht den Hauptweg. Man ist allein und entdeckt Spots wo sich immer alle fragen wie man da hinkommt. Tja einfach einen anderen Weg ausprobieren. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Es leben größtenteils ältere Menschen hier. Man sieht sie qualmend oder wäscheheraushängend die grünen Fensterläden aufklappen, auf ihren verwitterten Balkon treten oder in DDR-Schürze Teig kneten. Es wird immer gegrüßt. Man kennt sich hier. Ich hoffe nur dass nicht jeder mit jedem verschwägert ist.. Auch Putzarbeiten kann man in den Gassen beobachten oder Arbeiter, die schwere Zementsäcke auf den Schultern wuchten. Aber alles im Einklang mit der Ruhe. Der Arbeitstag hat in Italien ja 4,5 Stunden... Sonst ist Pension- und Restaurantbetrieb angesagt und im Zentrum duftet es ab 12Uhr nach Küche.
Von Riomaggiore aus musste ich meinen Plan ändern und 3 Minuten mit Zug gegen meinen Willen nach Manarola fahren, da der Verbindungsweg, der Trattorie via Dell'Amore heißt und an der Küste entlangführt, gesperrt ist! Das brach einem schmerzlich das Herz..vorbei mit der Liebe.
In Manarola ist nämlich mehr Betrieb und mehr Touristentum spürbar.
Als versöhnliche Wiedergutmachung wird hier Wein hergestellt, der auf den Tischen von Königen problemlos aufgedeckt werden kann. Auch Olivenhaine sind in großer Zahl vertreten. Das Land, was sehr steril und karg anmutet, ist es auf den (wieder) nüchternen Blick nicht. Plantagen wurden von Farmern in alten Zeiten geschickt den Hängen abgetrotzt und in einer formalen Harmonie hinterlassen. Zentrum von Manarola ist die "längere" Hafenstraße, die zum gleichnamigen Objekt führt. Schaut man vom Meer zur Stadt hoch, ist eine Brücke und eine klare Terrassierung der Blickfang. Auch viel Steinklippe. Durch sie wirkt Manarola rauer, gedrungener, mächtiger, obwohl dieses Dörfchen nicht größer ist als das keilförmige Riomaggiore. Vielleicht liegt es auch daran dass Manarola die am besten begehbaren Fotoorte besitzt und das Wetter nochmal alles gegeben hat. Trotzdem schlägt mein Herz eher für Riomaggiore. Mit ihr zusammen bin ich heute wach geworden. Mein Rio. Verträumt, nicht so überfrachtet. Mehr Zeit für Meer und den Genuss. Weniger Tourismus. Aber ehrlich gesprochen ist das ziemlich kleinlich. Beide Örtchen sind es mehr wie Wert sie anzuschauen. Sie sind wahrlich zwei der fünf schönsten Küstenorte Liguriens. Bei sternklarer Nacht sicher ebenso traumhaft. Doch es bleibt mir heute nicht vergönnt diesem Schauspiel mit der beleuchteten Kulisse beizuwohnen. Paris ruft mich. Es geht in Richtung Heimat.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen