Bei wahrhaft königlichem Wetter und Weißwein-Temperaturen habe ich am ersten Tag meiner Reise die Kaiserburg erstürmt. Diese steht in Nürnberg und gewährt ein herrliches Panorama über hohenzollersches Städtetreiben. Bis in den Spätnachmittag hinein duelliert man sich mit Selfi-Stick-schwingenden Japanern um die besten Fotomotive. Von denen gibt es hier reichlich. Denn Nürnberg ist schön. Sieht aus wie von seinem Kind Albrecht Dürer gemalt und ist definitiv einen längeren Besuch wert. Ich habe schon Bedenken, dass meine 32GB Memory-Einheit der Cam für die geplante Reise nicht ausreichen wird...
Mein einziger Zimmerkollege in der 6er-Schlafstube des sehr komfortabel ausgestatteten Hostels ist Stefan aus Südtirol. Er ist ein wahrer Tramper und Optimist durch und durch. Er reist sich so durchs Leben. Mal Job, mal nicht, oft schläft er draußen. Von Südtirol hat er 2 volle Tage per Anhalter gebraucht. Alle 3 Jahre macht er ein Jahr frei und freut sich. Wir verstanden uns sofort und als wir über Pulverschnee auf Tiroler Hängen ins schwärmen gerieten, versackten wir in der Bar. Was gar nicht einfach war, denn 17 Uhr ist es montags in Nürnbergs Ochsenmaulsalat-Häusern und Lebkuchenmanufakturen richtig nackert: alles geschlossen. Aufgeschlossen wirkte auf mich hingegen die 20-jährige Djamila aus Syrien, welche in Hof zur Berufsschule geht. Sie traf ich auf der morgendlichen Hinfahrt im Zug. Die junge Frau erzählte mir viel über ihr Land, ihre Familie und natürlich über die Situation Flüchtling zu sein und ein erfülltes Leben -vielleicht sogar für immer- in Deutschland zu führen. Sie mag Pfannkuchen, knallroten Lippenstift und die deutsche Herzlichkeit, was mich sehr ergriffen hat. Denn eine herausragende Tugend unserer Nation war das in letzter Zeit nicht... Jeder sollte mal mit Djamila sprechen. Das bringt einen wirklich viel. Mich hat es persönlich weiter gebracht. Nach 2 Stunden, die anstrengend, aber sehr sympathisch waren, mussten wir uns trennen. Doch sie ging nicht ohne mich in 5 Jahren nach Syrien einzuladen, was mich völlig unvorbereitet traf. Ihre Zuversicht und selbstverständliche Gastfreundschaft beeindruckten mich sehr, konnten aber mein plötzlich aufkommendes Gefühl der Beklemmung nicht verhindern. Am Ende war ich froh ihr nichts versprechen zu müssen.
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