Donnerstag, 6. Juli 2017

Was Frauen wollen?


Jeder kennt Testosteronhirsch Mel Gibson (Mad Max und Braveheart!) wie er in Strumpfhosen und Make-up in der schaumverzierten Badewanne dampft und vom hineinfallenden Föhn seine ganz spezielle Erleuchtung bekommt. 2000 war das in der Komödie 'What Women Want'  von Nancy Meyers.
Von dieser äußerst unblutigen Szene an wurde er vom schwertschwingenden Schädelspalter zum smarten Schwiegermutti-Typ. So soft wie Soft Cake!
Denn plötzlich -gegrillt vom Föhn und nach seiner seltsamen rituellen Reinigung- kann Mel plötzlich hören, was in den weiblichen Köpfen vor sich geht. Er weiß nun was Frau will (Prada, Gucci oder Kors). Eine durchaus seltene Gabe und vielleicht ebenso nützlich. (Auf irgendetwas muss man sich als Mann schließlich verlassen.) Doch was Frauen wollen, ist zugegebenermaßen interessant wie heikel gleichermaßen. Vielleicht ist es sogar heikler als alles andere. Denn irgendwie macht Mann sich immer strafbar, wenn er etwas zum Thema Frau äußert. Egal wie lieb und hehr seine Absichten sind. Aufklärung im Revier der Frauenpsyche kommt oft einer verschmusten Löwenattacke gleich. Man wird zerfleischt und schläft danach mehrere Tage allein auf der Couch. Solange bis sich die stürmischen Wogen (der Frau) geglättet haben. Dennoch möchte ich mich sacht und mit der nötigen Vorsicht in diese interessante Thematik hineintasten. Also: was wollen Frauen? 
Naja damit müssen wir noch etwas warten. Ist ja klar. Am Ende kommt erst der Höhepunkt!
An diesen erkenntnisreichen Film musste ich jedenfalls sofort denken. Das ging mir so, als ich heute etwas überraschend einen Artikel unter die Nase bekommen habe, in dem die libidoauslösende Fotopose der Männer bei Frauen Behandlung fand. Was finden Frauen an Männerprofilfotos attraktiv? Zumindest wurde das für mich nach einer Übersetzungszeit von 3 Stunden einfach zum Thema des hübsch aussehenden Blattes d'Italia auserkoren. Denn der Artikel war leserherausfordernd auf Italienisch. Casso! Porca cane! Perbacco! Accidenti! Merda!
Nach diesen sprachlichen Hochgenüssen (hier klingt selbst das Fluchen liebenswert) wird augenscheinlich, dass ich null zusammenhängende Brocken Italienisch kann, aber wenn man die melodische Stimme der Azzurro vor seinem inneren Auge hört, kann man der Sprache nur habhaft werden wollen (amore per sempre). An dieser Stelle bitte den typischen italienischen Handgestus mitdenken. (Der frei opponierbare Daumen wird mit Spannung an die im besten Fall noch 4 restlich verbliebenen Finger gelegt. Das Gesamthandwerk wird dynamisch geschwungen oder geschüttelt wie trockener Martini.) 
Nachdem ich diese italienische Allzweckwaffe des Handvokabulars zu meiner Zufriedenheit einige Male ausprobiert hatte und meiner inneren Gewissheit folgend meine Lieblingspizza bestellt hatte, stürzte ich mich feurig auf den Schwarz auf Weiß gedruckten Artikel der italienischen Klatschpresse.Der Titel verhieß Großartiges! Denn in Großbuchstaben ward geschrieben: 

"COSA VOGLIONO LE DONNE". 

Da weiß man schon, das muss was Wichtiges sein. So vom Spirit her und dem riesengroßen Bild einer viel zu teuren (und hässlichen) Ledertasche nebst melancholisch dreinblickender südländischer Sexbombe, die keck darunter gedruckt waren. 'Was Frauen wollen', ließ mich interessiert aufhorchen und weckte irgendwie animalisch den Eifer in mir dem Text näher zu rücken. In der Pizzeria meines Vertrauens. In der gedankenschwangeren Luft von aufgehendem Pizzateig und unaufdringlichem Bitterorangen-Flair. Ich wollte in der Welt frischer Tomaten, saftigen Kochschinkens, würzigen Kräutern und einer fein abgestimmten Mischung aus Edamer und Mozzarella diesem Text zart meine Hand auf den braungebrannten Schoß legen. Also auf die Seiten. Die Seiten meine ich und nehme zögerlich meinen verträumten Blick von der italienischen Schönheit, die am Nachbartisch gerade einen weiteren dumm starrenden Gast bedient! Als hätte er noch nie eine Frau gesehen! Ich setze mich auf den Stuhl zurück und wende meine Aufmerksamkeit den Seiten zu. Die Seiten des Journals, die leicht abgegriffen waren wie wenn sich heimlich schon oft ein Gast diesen Artikel verstohlen angeschaut hätte. Aber mit Interesse, das tiefer greift als die italienische Steuerlast...
Mein entbranntes Interesse reichte bis zum ersten Satz, denn Übersetzen macht nur dann Spaß, wenn mann es auch richtig kann. Mel Gibson in Strumpfhosen und Tütü hin oder her, ich kanns nicht! Dabei wollte ich doch wissen, was Frauen so dringend wollen. 

Deshalb entschied ich mich nach langem Zwiegespräch mit meiner aufkeimenden Lustlosigkeit -während ich auf meine bestellte Pizza wartete-  ab und zu (bis sehr) zu cheaten und Passagen des Artikels zu googeln. Den schweißgetränkten, beleibten Koch, der Ciao ciao bambina von  Domenico Modugno wie ein junger Gott trällerte, wollte ich damit nicht belästigen. Er sollte mir die Pizza meiner Träume backen. Da durfte er sich voll und ganz auf diese singend gebackene Form der Liebe konzentrieren. Ich schaute einige Augenblicke in seine Richtung und beobachtete konzentriert seine flinken Finger beim Teigrollen. Sein weißes Hemd schmiegte sich um seinen wohlgenährten Körper und bildete feine Ringe aus Fettschaum. Seine Bepolsterung sah fast so aus wie schaumige Marshmallows. Ich liebte diesen Marshmallowmann in seinem dreckigen, weißen Hemd auf Anhieb. Ich mochte ihn anbeißen, verdrängte aber mein bei der Durchführung sicher Aufmerksamkeit erregendes Traumgebilde und entschied mich stattdessen, woanders hinzuschauen. 
Nachdem ich dreimal den Drang besiegte unauffällig zur feurigen Bedienung zu schielen, googelte ich. Ich googelte los. Wie ein Fanatiker. Kurz gedacht - gemacht! (Dabei stößt man auf die unglaublichsten Dinge. Nicht nur dass in Absurdistan Baden in Strapse streng verboten ist, sondern z.B. dass man sich an einigen Schulen der Welt Cheaten, Spicken und Abkupfern als Privileg erst beim Lehrer verdienen muss!) Dabei kommt man spielend vom eigentlichen Thema ab.

„Oh Gott, ein Cheater!", sprichst du jetzt empört und zu Recht forderst du mahnend ein, dass wir zum Hauptthema zurückkehren sollten (Damit sind -wenn auch bei dir- nicht die Pizza und ihr luftig lockerer Hefering gemeint). Computerspielefreaks fällt beim Wort cheaten gleich mal die funny-frische Chipstüte in den K-Classic-Colabrunnen. Aber betrachten wir die Sache nüchtern, ist Tricksen gar nicht ungewöhnlich und unüblich, höchstens verpönt. Warum das so ist? Weil man mit gefühlt weniger Aufwand an Hirnmasse (Arbeitsspeicher) das Doppelte an Zeit (Lebensenergie) einspart. Dabei hat man -nach Augen der rebellischen Seite der Nicht-Schwindler- den eigentlichen Kern der Sache angeblich nicht erfasst, sich unrechtmäßig einen Vorteil gegenüber den fair spielenden Teilnehmern verschafft. Wer sagt denn das? Hm? Der Weihnachtsmann? (Den gibts übrigens nicht, genauso wenig wie den von Michelin, der in Ghostbusters 1984 NYC verschlingen will.) #marshmallowmann
Aber! Aber, um bittersüße Kuller-Tränchen zu trocknen und wirre Kindheitstraumata aufzuarbeiten, ist hier keine Zeit!). Schließlich ist die kesse Abkürzung zum Ziel (wie die Umleitung an einer nicht-bebauten Baustelle auf der A4) ja ein legitimer Weg, der in der Programmierung angelegt ist, z.B. durch Easter Eggs. (Ach ja, den Osterhasen! Den gibt's übrigens auch nicht. Der kommt deshalb nicht mehr, weil Santa Cläuschen ihn zu X-mas immer mit Rosmarin und Eiern überbacken in der Pfanne brät.) Aber Cheaten hat sachlich betracht weniger mit Ostern zu tun, auch wenn man es analogisch eher als Eier-Jonglieren bezeichnen kann. Ist also Kunst! Und Kunst kann nicht weg!!! Im Zweifelsfall einfach mal stehen lassen. (Am besten dort wo viel Leute sich darüber inbrünstig und nach Herzenslust aufregen können.) 
Schließlich ist Cheaten eine oft verlässliche und vor allem innovative Leistung unserer Großhirnrinde! Das muss man anerkennend würdigen. Außer man wird für seine großartige Leistung nicht so großartig dabei ertappt! Zum Beispiel beim Plagiieren im öffentlich-rechtlichen Raum. Dann hätte man lieber zuverlässig und nicht ganz so innovativ nach den Regeln spielen sollen. (Und in manchen italienischen "Gemeinden" dann noch einen gesunden Finger mehr gehabt...ähm hust oder eben seine unantastbare Würde #guttenberg) Kann also gut gehen oder nicht. „Oben, Oben, Unten, Unten, Links, Rechts, Links, Rechts, B, A, Start“, schnell hintereinander auf dem GTR beim newton'schen Analysis-Teil der Mathearbeit im ABI gedrückt, ist ein universeller Cheatcode, der Schüler im Land der geLeibnizten Ahnungslosigkeit sicher ins nächste Level Algebra bringt. (Darauf einen knackigen Leibniz Butterkeks.) Da wird schnell dreimal Kurz, dreimal Lang und dreimal Kurz in den GTR hinterher getippt und schon spürt man als Zahlenheld wie es einen an das rettende Ufer des I-don't-know der Klausur spürbar näher ranspült. Da bekommt der 5-Punkte-Plan eine völlig neue Bedeutung. WTF? Es wird quasi Geschichte geschrieben. Also du schreibst sie! Also du kopierst sie von jemand anderen ab. Ganz innovativ. Du schreibst sie neu, indem du sie lediglich abschreibst. Geil, oder?

Aber zurück:Als die Frustration meiner Übersetzungsversuche sich ins Unermessliche steigerte (Denn ich wollte ja unbedingt wissen, was Frauen wollen. Ihr erinnert euch?), mein Hefeteig-Hunger unermessliche Züge annahm, ich fast schon das Übersinnliche ansprach und zwei doppelte Espressi hintereinander keinen nennenswerten Hochsprung meiner Hirnmasse zur Folge hatte, entschied ich mich nochmal zerebral zu cheaten. Mit Dr. Allzwecksuchmaschine (Google) hatte ich das große Glück die von mir befrustete italienische Wortwand dann auf Französisch übersetzen lassen zu dürfen (Yay!), was mich dann nochmal läppische 2 Stunden gekostet hat. (Jaja, wenn man keine Arbeit hat, schafft man sich welche...Dies trifft im Übrigen auch zu, wenn man in der Schule nicht aufpasst oder innovativ mit Hausaufgaben kopieren beschäftigt war.) Einige eingerostete Schulvokabeln konnten dem Vergessen meinerseits noch suboptimal entrissen werden. Doch ich schaffte es. Ich schaffte es (der Verfasser ist sehr stolz darüber) den Artikel zu enthieroglyphieren und komme nun zu Potte hier. Man kann ja auch viel reden und nichts sagen..(Darauf ein Bier für Fanta Vier.)

Also auf was für Bildposen der Männer stehen die Kaley Cuocos und Tinderellas von heute, wenn sie Datingplattformen benutzen, um nach potentiellen Partnern zu passionieren oder sich durch die Beziehungsbörsen parshippen? Fest steht Brokeback-Mountain-Aufnahmen alà bepferdeter Putin sind out, Oben-ohne-Ablichtungen, die den wohldosierten Waschbärbauch zeigen und grandios auf dem durch die Zimmerdecke gespiegelten Bett aufgenommen wurden, sind lediglich Irrlichter männlicher Genugtuung und Egowäsche. Auch sportliche Moves und Posen mit Leibesertüchtigungsapparaten (z.B. Surfbretter!!!) ringen bei Frauen, die auf sympathischen Sexus orientieren, der zwischen Studi und Ghetto (SEEED) angesiedelt ist, lediglich ein müdes, mitleidiges Lächeln ab. Weil wir gerade dabei sind. Lächeln und wunderländische Grinsekatze (Jim Carrey) auf Abzügen geht übrigens für Männer von Welt auch nicht. Das wollen Frauen nicht! Da kann man auch gleich eine unreife Wassermelone ablichten, so die eDarlings! Und die ist wenigstens nicht hohl... Dafür braucht man sich auch keinen Föhn in die Wanne schmeißen, Männer! (Anmerkung von Mel Gibson.)
Nun kommts: Damen favorisieren einen ernsten Gesichtsausdruck bei den Jägern und Sammlern, ein stechender Blick, der sich bestimmend in der Ferne verliert, Reißzähne keinesfalls blecken, sondern verstecken. Das ganz ernste Köpfchen wohldosiert mit 2,5 Tage-Freibeuterbartmischung garnieren und im Seitprofil von schräg hinten im leichten Gegenlicht aufnehmen. 


Ja Männer, da müsst ihr erstmal tief schlucken. So leicht ist die Like-Hascherei und Hasenjagd auch nicht. Und mit diesen Hinweisen und weisen Ratschlägen erst recht nicht. Seid ehrlich, ihr habt bestimmt auch null Ahnung wie das gehen soll, aber wollt nichts dem Zufall überlassen? Wo ist die Bedienungsanleitung? Was für einen Schraubendreher brauche ich dafür? Oder doch lieber was von Ratiopharm? Tja heute unterrichtet für euch die Ahnungslosigkeit. 
Aber die Rettung naht: 

Jaha da ich ein Mann des Experiments bin und mir trotz Hungers, der mir in den Kniekehlen hängt, keine Mühen der Aufklärung zu schade sind, habe ich versucht diese hoch investigative Studie in der Pizzeria meines Vertrauens wissenschaftlich zu eruieren. Einfach jemand x-Beliebigen fragen. X-beliebig war für mich die Bedienung. Eine Schönheit. Und sie kam mit etwas noch Schönerem: Meiner Lieblingspizza.

Und was will man sagen, schon nach der ersten Versuchsfotographie vor der Kulisse des dampfend neapolitanischen Götterteigs, den sie mir zwinkernd reichte, war für mich alles entschieden. (Das fotogene Produkt seht ihr unten.) Ich danke der umwerfenden Italienerin, Giulia mit Namen, die mir diese himmlichste Napoli-Pizza darbot und dann spontan dieses Foto knipste, mich nach der Betrachtung des Abbildes auf der Digicam sogleich mit ihren haselnussbraunen Rehaugen innig musterte, mich in ihre weichen nach Mirabellen duftenden pfirsichhautbezogenen Arme zog, mit Chanelküsschen ihrer kirschroten Lippen rechts und links und nochmal rechts meine leicht errötenden Wangen versah und anschließend beherzt mit der zarten Fläche ihrer linken Hand keck mein strubbliges Haar durchforstete. Sie biss sich leicht auf die Unterlippe, schlug ihre Äuglein nieder und seufzte tief. Die andere Engelshand ließ sie langsam zum Schnittpunkt meiner Schenkel entlangwandern, um sich beherzt ..

JAJAJA WAS DU WIEDER DENKST!!!

NATÜRLICH WOLLTE SIE SICH EIN GROßES STÜCK PIZZA NEHMEN! 

Was denkst du denn? Deine triebisch-amourösen Fantasien sind leicht zu durchschauen, Mensch!
Frauen wollen nämlich in erste Linie eine geile PIZZA. Manchmal dreimal die Woche. Damit muss man erstmal klar kommen! Alles andere ist völlig egal und natürlich dicker Quatsch. Also nicht alles, aber ihr wisst schon was.
Ziemlich einfach einem Klatschartikel Glauben zu schenken, der eigentlich so gar nicht existiert und dann auch noch angeblich von einem hungrigen Dritten übersetzt wurden ist, der dabei hölzern gecheatet hat und sein dumpfes Weltbild einbauen möchte. Irgendwie allgemein blöd, wenn man sich auf andere und Infos immer so schnell verlässt und das einfach so annimmt, was man hört und liest. Hauptsache es ist gut verpackt, nich? Sexistischer Kackscheiss auch noch obendrein! Eine Farce ist dieser fingiert fiktive Artikel! Besser aufpassen du musst. Und besser den Kopf einschalten du musst. Manchmal hilft es auch ihn mal auszuschalten. Nur kurz. Da kann man viel besser Pizza essen.

ZAP - AUS...
Zeigt euch auf dem Foto wie ihr euch fühlt und ihr wirklich seid. Oder machts halt nüch! Mööp. Ist doch egal. Denkt doch was ihr wollt. Findet schön oder hässlich, was ihr wollt. Findet es ansprechend oder sprecht es mal ab oder was aus. Sollte euch doch nicht jucken! Nicht die Bohne! Schmatzt oder esst ordentlich. Macht Schokosoße auf die Käseolympiade eurer Pizza oder lasst es bleiben. Entscheidet einfach selbst.
Hauptsache ihr LIKED DIESEN ARTIKEL! Mehr ist es gar nicht.
Ich sage es nochmal:
Hauptsache ihr LIKED DIESEN ARTIKEL.
Und kämpft verbissen um jedes Stück Pizza.
Und nun einfach mal den Kopf wieder einschalten.
So geht's: ZAP - AN

BOAH was für eine traum...mhh ...hafte PIIII..hm..ZZ..mhh...AAA...Hmm..Also..mhh..hrm ähm.. Upps Tschuldigung! Wo waren wir? Ein Bild ist eben ein Bild. Aber auch nur ein Abbild. Überlegt warum, weshalb und für wen ihr zur Knipse greift. Denn ein Foto transportiert immer Vieles. Auch vieles was man selbst nicht sieht oder sehen möchte. Da muss man sich vielleicht noch selbst mit sich auseinander setzen! Schlimm wäre das! Und obendrein nimmt man sich auch noch zu wichtig. Ganz übel wäre das. 
Aber im Ernst, wer ein Foto einer Person liebt und dieses dem Menschen vorzieht, macht allemal was verkehrt. Das wollen Frauen sicher nicht. Oder Mel Gibson? Den müsste man mal beim Pizza essen dazu befragen. Ich würde das für euch übernehmen. Ganz klar.
Unser Schwiegermutter-Held, Mel, hatte dann kurz vorm Film-Abspann (Was Frauen wollen) letztlich die Strumpfhose ausgezogen, auf sein Herz gehört und blieb männlich ahnungslos. Als er anfing nach inneren Werten hinter der optischen Erscheinung der Frau zu schauen (Also mal was vollkommen Neues probierte), passierte es: Er wurde sentimental und verliebte sich. Danach wurde er von seiner Chefin, der er seine Liebe und Verfehlungen (Ich trug enge Hotpants und duschte leider nackt) gestanden hat, gleich mal gekündigt. Fristlos! D.h. Frauen wollen Fristlosigkeit! Sie wollen die geballte Ladung Spontaneität und Emotionalität. Sie rügen männliche Ehrlichkeit und geben Männern das, was sie gerade wirklich brauchen, um im Leben zu bestehen. Auch wenn die männliche Affenhorde das nicht verstehen kann. Deshalb -Kerle!- lieber abenteuerlich mal jemanden ansprechen und riskant einen Korb geben lassen. Stimmt, warum eigentlich nicht?

Da ist unterm Strich auch mehr für einen selbst drin. Mehr Pizza zum Beispiel. Man muss nicht alles teilen (Pizza zum Beispiel). Auch wenn man dann allein Pizza essen muss und aus seinen heißen Träumen erwachen muss. Immerhin bekommt man dann von schwitzenden, italienischen Chefköchen (Marshmallow-Mann!) einen väterlichen Klaps auf den Rücken (oder einen neckischen Backengneifer). 
Also ihr Narzissen und Narzisten, liebe Spiegelbildlover oder lonely Pizzaesser:
Die Pizza ist ein Anfang! Der Anfang einer großen Sache. Einer ganz großen!
Also Selfisticks raus und Foto frei!
Nur nicht in der Badewanne! Das kann übel ausgehen! (Wir denken an Mel Gibson.) Denn was Frauen wirklich wollen, das sollen sie uns lieber selber sagen. Das ist deutlich ungefährlicher. 
Zumindest manchmal. 
Also unter Laborbedingungen.
Und nur wenn sie Pizza im Bauch haben.

Beim Essen sind Menschen oft unfotogen. Nicht sie selbst. Das stimmt nicht. Giulia hat meinen von Erwartung gespannten Blick wunderbar eingefangen wie ich finde! Auch der braune Teint um die Schläfen ist gut sichtbar. Macht einen ganz appetitlichen Eindruck.

Mittwoch, 12. April 2017

Der fette Brieftaschenblues


Pünktlich zum bevorstehenden oder vergebens erhofften Ferienstart und der Illusion als aktiver Dienstleister des Lebens und Broterwerber weit und unbeschwert verreisen zu können, wartet heute ein thematisch kompatibler Post auf euch. An alle, die zu Hause bleiben müssen, weil sonst der Laden nicht läuft; das Schaf ungeschoren davon kommt; kleine Brötchen gebacken werden müssen; der Acker ungepflügt bleibt. Muss ja! Isso! Nützt ja nichts! Achtgegeben: Die Reise dauert nur 10 Minuten! Es geht natürlich ums Reisen. Und all das, was dabei wichtig ist oder wird. Ich nutze (und du hoffentlich auch) die Verschnaufpause, um meine schon längst verkommenen Wander-Waden zu kneten, die wie Streichhölzer aus den kurzen, ausgeblichenen Badeshorts ragen und den Weg für weitere Ziele zu ebnen. Gedanklich. Nur geistig. Ohne Planierraupe.
Los gehts mit freshem Dope fürs Hirn:

Reisende reistragende Reisende reißen Reis aus Reishänden reistragender reisender Reisender.

Nein, also das war ein schlechter und einsichtigerweise sinnloser Zungenbrecher. Tja dachte ich probiere es mal. Also gut, sorry. Jetzt gehts los. Wirklich! Aber ihr wisst nun worum es geht und seid auf der Hut.
Das Gute ist: beim Reisen hat man als Voyager nichts zu verlieren, abgesehen von der (mit fetten Scheinen gefüllten! haha) Brieftasche und der archetypischen Angst des Homo sapiens vor dem Ungewissen (hoffentlich mag mein Portemonnaie immer prall gefüllt sein, Amen!). Nein, es kommt wie bei vielen Dingen der Lebenskunst, so auch bei der inneren Reiseleitung, auf den Blickwinkel an. Eine Reise kann gut sein oder nicht, oft weiß man das erst hinterher. Andere sagen: Reisen ist wie Sex, lieber widerlich als wieder nich. Klingt doch wie immer, sagst du jetzt. Ist doch nichts Schlimmes dabei. Eben! Gar nicht schlimm.
Sollten also beim nächsten Urlaub Kakerlaken im Bad der hotelähnlichen Unterkunft hausen, einfach den Blickwinkel ändern: Gib der Sache mehr Erotik! Tanze die Schabe im feurigen Tango an. Anschließend mal mit Sexappeal das bunte Cocktailschirmchen vom geexten Mai Tai schnappen, das rassische Weichschalen-Getier aufspießen und lecker Proteine genießen. Da hat man kulinarisches Thailand und lebendiges China gleich raffiniert miteinander kombiniert. Doppelter Reisespaß sozusagen. Und das zum Schnäppchenpreis! Oder einfach mal bei der nächsten Haifütterung im australischen Salzwasser nicht reserviert und teilnahmslos vom Boot ins Blaue starren, sondern der Gefahr von Angesicht zu Angesicht ins Antlitz blicken. Einfach mit Bierbauch voran oder gekonntem Kopfsprung ins wilde Becken springen. Urlaub heißt schließlich auch me(e)hr fühlen, weniger nachdenken. Das ist dann wirkliches HAI-Definition-TV vom Feinsten..
Oder wieder andere frönen beim Reisen der Supermarktideologie: Einmal hin, alles drin. Denn nur real,- ist legal! Oder 'jeden Tag ein bisschen besser.' Wie findet ihr das? Da muss man zwar einerseits ziemlich lange im Urlaub sein, um ihn nicht nur gut zu finden, aber über mangelnde oder unzureichende Abwechslung kann man sich nicht beschweren. Da spielts auch keine Rolle, wenn die berstende Brieftasche vom vertrauenswürdigen Gorilla mit gefälschter Armani-Uhr, glänzendem Halskettchen und Gucci-Sonnenbrille geklaut wird. Das war ja eh all-inclusive! Stand ja so im Prospekt: Wer A sagt, muss auch Geldraub sagen! Vielleicht streikt ja auch noch die Flughafenairline. Das wäre doch klasse! Mensch, 11 Stunden das Flughafenterminal durchstöbern. In aller Seelenruhe. Einmal im Leben ein vollwertiges Mitglied der Völkerwanderung sein. Da kann man in der Warteschlange zum Klo gleich -vis a vis zum Duty-Free-Shop- sein verpasstes Praktikum im Einzelhandel nachholen. Das nennt man Traineeship-to-go. In 5 Jahren gibts das dann auch beim Bäcker im Pappbecher für 3,95€. Da ist man dann schon Guru, der Vorreiter und gibt dünnschlürfige und völlig überteuerte Seminare. Solche Art des Reisens ist wie eine Hochspannungsleitung: Ganz lang, ständig unter Strom und es wird nie langweilig, wenn man beherzt zupackt. Nein! Also das kann natürlich auch nach hinten losgehen. Kinder! Tut das nicht! Bitte, nicht! Denn da landet man glimpflichstenfalls in der Intensivstation oder tritt eine sehr sehr lange Reise an. Vielleicht ohne Wiederkehr. Ihr löst ein 'One-way-ticket' würden Eruption jetzt sagen. Und keiner der Blues-Singer oder Lebenden kann sagen, wo es da genau hingeht. Dann kommt man beispielsweise in Berlin-Neukölln oder in der Dortmunder Nordstadt an, wo Leute einfach mal ihre klobige Einrichtung aus dem 9.Stock werfen und man als Begrüßung und gute Nachbarschafts-Geste ein blank poliertes Klappmesser in die braungebrannten Rippen kriegt. Das ist dann der heißgeliebte Kreativurlaub, bei dem man sich z.B. die alten Grabanlagen der Ägypter anschaut - von unten! Einfach mal tief Luft holen, in sich gehen und das Leben spüren, bekommt dann einen reinigenden Effekt. Oder man wird karmatisch (und nicht ganz so charismatisch) als Kakerlake im Hotel wiedergeboren. Wie das endet, wisst ihr ja... aber Hauptsache Proteine!
Aber hören wir ernsthaft auf mit der frotzelnden Spöttelei, so können wir Folgendes festhalten: Urlaub ist wichtig. Jeder braucht ihn. Was, wohin und wie lange man reist, ist egal. Urlaubsfeeling, das der Erdung der eigenen Person zuträglich ist, stellt sich aber bei 70% aller Reiselustigen erst nach einer Woche (5+Tage) ein. Das ist empirisch von Reiseanbietern erwiesenermaßen völlig unabhängig überprüft wurden. Kürze ist also nicht unbedingt die Würze. Da kann man oft nicht im Kopf abschalten und fühlt sich wie ein nach drei Tagen verschrumpelter Luftballon: leer, ausgetrocknet und ohne Puste.
Nach welcher Philosophie man reist, ist jedem selbst überlassen. Doch meist reist man so wie andere gern reisen oder wie man möchte das andere sehen, dass man reist oder so wie andere meinen, dass es zu einem gut passt so und so zu reisen. Das hat wenig mit Ich-reise-wie-ich-es-will zu tun. Dabei kommt man völlig verkrampft und unentspannt zurück und braucht Urlaub. Andere sagen sie brauchen wieder Alltag und freuen sich auf die Arbeit. (Hier klatscht es gleich keinen Beifall!) Sie durchziehen ihren Urlaub mit ihrem Klotz Arbeit, den sie loswerden wollten, was es aber schwer macht wirklich zu urlauben, da er ständig störend am Bein hängt. Da habe ich auch das Gefühl, dass diese Form des Urlaubs ein ziemlich oberflächlicher Urlaub war und zum Kern der Reise nicht vorgedrungen wurde. Letztlich hat da irgendetwas gefehlt. Meistens sind diese Urlaubsarbeitstiere (Vorsicht: rare Spezies!) die ersten, die nach 3 Tagen burnout-gefährdet wieder hecheln, dass sie Urlaub benötigen. Na klar, weil sie keinen wirklichen Urlaub, der für sie richtig, wichtig und unbedingt notwendig ist, gemacht haben! Und die Zeit bis zu den nächsten Ferien, in denen man wie die Ölgötzen am übervollen Strand brutzeln kann, ist länger hin als man vermutet. Wenn es dann zufällig klappt, ist leider auch schon wieder die Sonne aus und die klapprigen Strandliegen auch. 
Das heißt wichtig ist sich klar zu machen, was man vom Urlaub selbst erwartet/nicht erwartet und was man möchte/ nicht möchte. Das ist schon schwer genug, gerade da viele Begriffswolken und Ratgeber zum Reisen kursieren, auf die man sich schnell stürzt, die aber die eigene Auseinandersetzung mit eigenen Vorlieben und Wünschen nicht ersetzen, das eigene Gespräch mit sich selbst - dem reisenden Ich- nicht kompensieren können. Aber genau das ist der Kern der Reise: entweder das zu suchen, was man irgendwann mal auf einer Reise gefunden hat und zu wiederholen trachtet oder zu reisen, um das zu finden, was man gar nicht wusste, dass man es sucht. (Und und und...Ich glaube der Mix machts!)
Oft versaut man sich auch so richtig großartig den Urlaub, indem man den Partner mitnimmt. Zuhause sieht man ihn -wenn es hoch kommt- 3 Stunden am Stück. Plötzlich -im Urlaub- sieht man ihn nur noch. 24 schweißtreibende Stunden am Tag! Also gefühlt. Nein, so meinte ich das jetzt nicht. Denn aus dem Alter des Fühlens (=bei Adoleszenten die Zeit des Komasaufens) hat man sich heute glücklicherweise herausgewöhnt.
Heute fühlt man nicht mehr. Manchmal fühlt man auch nichts mehr. Das weiß man. Heute muss man derb den survival spirit der Reise abgreifen und hat ein hammer Urlaubsfeeling zu erleben. Das wird gefordert! Was anderes feel den wohl nicht ein? Leute, ich will meinen Urlaub nicht nur erleben (das ist für mich eine Voraussetzung!), sondern ich möche mich im Urlaub wie daheim, d.h. wieder mehr wie ich selbst fühlen können und aufgehoben fühlen. Das ganze gefühlte Fühlen auch mal mit anderen, sodass man ganz legal zur klassischen Weinverkostung auch den Partner mitnehmen (und liebhaben) kann. Beim richtigen Wein klappts dann nicht nur mit dem Nachbarn, sondern auch mit dem Partner. Auch im Urlaub. Im Allgemeinen vertrete ich die These, dass man seinen Partner in Spe auf jeden Fall in den Urlaub mitnehmen sollte (Hervorhebung des Autors). Denn dort lernt man ihn mal wirklich von Grund auf kennen und sieht, ob man zusammen für den Rest des Lebens ein Bett und diverse Träume teilen möchte. (Verträumtes Rülpsen und Furzen lockern im Bett nur bedingt die Stimmung auf.) Doch jeder weiß, nicht immer ist es traumhaft mit anderen Leuten im Urlaub, gerade wenn man mit ihnen nicht das Bett teilt, sondern sich um das geile Bufett kloppt. Vielmehr zerstört man sich oft und gern den eigenen Urlaub durch andere Mitmenschen, die einen an Gesinnung und Verhaltensweisen diametral entgegengesetzt scheinen oder sind. Doch warum? Warum Aufregen, wenn man eigentlich nichts will außer Urlaub? Denn wenn er dann da ist, ist er oft augenblicklich ziemlich weit weg. 
Diesen leicht erhitzten Menschengemütern möchte ich Folgendes um die Ohren ventilieren: Im Umgang mit störenden Miturlaubern sollte man die Gelassenheit eines Stuhles besitzen: Der muss ja auch mit jedem Arsch klarkommen... Und beschweren kann der sich auch nicht. Überhaupt geht es im Urlaub erstaunlich oft nur ums Klarkommen (gleich nach dem Beschweren), denn sonst (im normalen Real-Life, dem Tough Mudder der Arbeit) hat man dafür gar keine Zeit daran zu denken. Da muss man funktionieren, machen, rödeln, dienen, ackern! Wie man mit all dem Handwerk klarkommen soll, wird nicht extra ausgeführt. Da gibt es kein teaminternes Briefing, geschweige dass dazu irgendwelche stichhaltigen Überlegungen verschwendet werden: Der Guerillakrieg um den Kopierer ist das was zählt, nicht ob und wie ich meine Flipflops akkurat im Sandstrand auslege. Kurzum: Heiße Luft gibt es überall, ganz besonders im Südland-Urlaub, da muss man sich nicht den Kopf an heißblütigen Vollpfosten stoßen, die einem blöd kommen oder noch selbst den Fehler machen und denken wie blöd oder anders gepolt andere sind. Wir fönen die schlechte Laune einfach weg. Mit der guten Laune, die ein Urlauber auf seiner Reise haben sollte. Lieber einmal zu viel als überhaupt nicht.
Eine Reise frönt dem Dazwischen. Hach wie sich das anhört! Wie die Sahnefüllung des von mir gerade verputzten Schokoeclair, verbindet es luftig und süß die beiden Hälften des Alltags: normierte Regelhaftigkeit und kreative, kreative..ähm krea.. Mjomjomjom eine leckere Süßspeise so eine Reise doch ist!
Man sieht etwas mit sich passieren, etwas vorangehen, etwas arbeiten, man spürt ein inneres Aufbegehren. (Nicht das anmutige concerto grosso der Darmflora ist hier gemeint.) Du wirst zum Du deines Du (Dudu), zum Ich im Ich (Ichich), best oder worst mate mit dir selbst (dein eigener Doktor Jekill und Mr. Hyde), falls du schon ein Selbst bist. Dann hast du immer Gesellschaft und fühlst dich nie einsam, toll! Denn die eigene Einsamkeit zu genießen und sich nicht einsam zu fühlen, auch das ist Reisen. Wenn nicht und du kein Selbst bist, dann ist das nicht schlimm, aber du verpasst was (wie den kondensiert emotionalen Film-Abspann im Kino oder das legendäre Sesselritzenpopkorn als studentischer Pleitegeier).
Kein Selbst? Dann hast du dazu alle Reisezeit der Welt es zu erwerben, neu zu ergründen, dich selbst altbewährt neu zu erfinden, zu überraschen. Der üppig blühende, aber bescheiden anmutende Philosophiegarten spricht hier von Wahl. Man wählt aktiv, prozesshaft sein eigenes groß- oder nicht so großartiges Selbst (Shakehands mit Mr. Nobody) und kann dann gucken wie man existieren möchte (dezenter Verweis zu Großmeister Kierkegaard).
Wählen kennt man medienwirksam auch aus dem Land- oder Bundestag. Es ist alles irgendwie gut, Hauptsache man wählt nicht Braun, denn das ist immer Scheiße. (Wir nennen das Kind hier beim Familiennamen). Ich weiß, was der ein oder andere jetzt mit tränengefüllten Kindheitsäuglein stockend erwidert: „Aber..aber..aber...Braun ist doch eine liebliche Eigenschaft des herzzerreißend putzigen Kindheitsritters von jedermann, meines knuffigen Teddys Horst-Gerhard (*tazitazitu*streichel*schluchz*)." Jo. Dieser und sein realer 3m großer, tierischer Vertreter sind in der Tat kuschlig und flauschig, aber auch gefährlich, denn so ein haariges Kleinteil des Grizzly kann man durchaus und ausversehen mal verschlucken! Macht sich auf kurze oder lange Brotzeit nicht gut. Nein ernsthaft! Ich bleibe an dieser Stelle in der bärischen Farb-Allergie ha..ha..haaatschi.. Farballegorie, Entschuldigung! (Zu viel sündhaft kalorienreicher Puderzucker auf meinem Eclair. #essengehörtzumurlaubwiebutterunterdienutella)
Denn, wenn du Braun wählst -unabhängig wie überzeugt du nebenbei von bärischen Qualitäten oder du dich selbst mit diesen ausgestattet wähnst, bist du keineswegs das coole, neue, innovative Inventar in der politischen Bettstatt des Lebens. „Braun brauchste nich, mach lübber Bunt, da haste mehr vonne. Is jeckisch und sieht jeiler aus!″, sagt der Kölner Jung.  Recht hat er. Bin deshalb auch dafür dieses verfassungswidrige Braun aus dem Malkasten zu radieren. Ab jetzt gibts nur noch einfarbig bunte Malkästen für Schüler. Könnte man auch einen gedankenschwangeren, ernst dreinblickenden Balu in Regenbogenfarben und I-want-you-Pose daraufkleben (Glücksbärchialarm2.0) mit der Sprechblase: „Zack, so isses! Vorbei mit Wünsch-dir-was!" Das Leben ist hart, genau wie das Pflaster unter müden Füßen eines Großstadtabenteurers. Wir waren ja eigentlich beim Reisen. Verzeiht, ich gleitete ab, also glitt ab.
Reisen muss man spüren. (Auf welcher Art auch immer, überlasse ich der Fantasie des großartigen Lesers dieses Beitrags.) Es gibt einen Ist-Zustand, an deren Stelle während oder nach der Odyssee ein neuer Ist-Zustand tritt, der einem oft besser passt wie ein neuer Anzug, der nach dem nicht ganz so akribisch angegangenen Sport-und Ernährungsplan deines Personaltrainers um die Region der Bauchdecke eine Neuerung erfahren hat. 
Nach dem Reisen erkennt (oder verkennt) man sich in der Retrospektive als neuen oder alten Menschen und man erfreut sich in der Genugtuung des Augenblicks, der Apotheose seiner Selbstigkeit wie ein Schnitzel. Man, man, man, man Mann!!!!! Immer diese generischen, entpersonalisierten Bezeichnungen, dieser zurückhaltende Ausdruck von abgehobener Distanz, dieses aalglatte Aufgehenmöchten in der Allgemeinheit, dieser selbstauferlegte Nichtangriffspakt mit dem gesellschaftlichen Status-quo des Moralisch-Möglichen. Hey MAN, sag doch mal ich, Ich, ICH!!! Okay man.. (hier künstlerisch wirkungsvolle Pause machen).
ICH sag jetzt was Reisen für mich an diesem Tag im Traumzauberland der Reiselust ausmacht. Jetzt live und gleich, ohne dass ihr was bezahlen müsst (dezenter Verweis auf meine fette Brieftasche wäre hier sehr unprofessionell und geschmacklos). Reisen bedeutet für mich gerade in Zeiten menschlicher Irrungen und Wirrungen (Goethe), Grobschlächtigkeit, Ungerechtigkeit, drückender Leistungsgesellschaft, Homeoffice-Mentalitat und ersehnter Bürostuhl-Eremitage: 
Freiheit statt Freizeit. (Danke, Frank Berzbach)
Verhält sich wie mit der Arbeit und könnte von dir leichthin als Credo für den Job geltend gemacht werden. Denk doch mal darüber nach! Na dann viele Grüße aus dem dütschen Ausland oder wie die Bänkelsänger der Stoiber Buam flöten: „Doas letzte Hemd hod oa koane Toschna" (Das ist der fette Brieftaschenblues). 
Summend beginne ich einfach mein bisschen Urlaub und begebe mich auf die Reise nach einem Hochdeutsch sprechenden Geldautomaten. Denn Urlaub beginnt zwar im Kopf, endet aber vorschnell mit dem Limit der eigenen Kreditkarte. Dazwischen passt die einzige Freiheit, die man kennt: Träumen. Ein Glück dass Geld nicht alles ist, möchtest du sagen. Das stimmt! Aber nur, wenn man über Mastercard oder Visa verfügt. Sage ich. Geld ist immer ein Spielverderber für Reiseträume. Aber sei doch lieber selbst kein Miesmacher! Reiseträume fangen bekanntlich nicht auf dem Konto an, sondern im Kopf. (Der ist übrigens so rund, damit Gedanken auf die Reise gehen und bequem ihre Richtung ändern können.) Mit deinem Dickschädel findest du sicher eine Möglichkeit deine geliebte Freiheit zu verwirklichen. Achso und ganz nebenbei auch einen Weg dein Konto aufzuhübschen. Für deinen Urlaub und so. Geil, was? Welch überraschend optimistisches Ende, nicht? Ich könnte jetzt inbrünstig zustimmen, wenn nicht der Bankautomat meine Kreditkarte einbehalten hätte. 
Kontosperrung ist und bleibt eben ein Arschloch.

Mittwoch, 5. April 2017

Weiche Eier und harte Nüsse


Harold. Er ist der Vater meiner Freundin. Wir kennen uns seit knapp einem Jahr. Genau 6 Wochen weniger als ich sie kenne, kenne ich ihn. Immer wenn wir bei ihren Eltern sind, sehe ich Harold und wir diskutieren politische Themen aus. Warum weiß ich nicht. Ich sei der Einzige mit dem es einen Sinn macht, sagt er. Wahrscheinlich meint er Spaß. Der Einzige mit dem es richtig Spaß macht. Wahrscheinlich weil ich so blöd bin und ihn ernst nehme. Mit seiner Frau und seiner Tochter -was meine Freundin ist- kann er es nicht. Sie verlieren zu schnell das Interesse daran, sagt er. Sie seien nicht gewitzt und gerissen genug für Politik-Talk. Ich bezweifle das. Weiterhin bezweifle ich dass dies ernsthaft ein Lob in meine Richtung sein könnte. Er lässt sie nicht zu Wort kommen und wälzt faktenlose Floskeln, sagen sie. Das bezweifle ich nicht. Und er ist ein selbstverliebter Choleriker, sagt meine liebe Schwiegermutter. Das bezweifle ich auch nicht! Da kann man schon mal schnell das Interesse verlieren, stimme ich ihr im Geheimen zu. Egal um was es geht! Auch ich genieße nicht unbedingt diese Unterhaltungen mit ihm, die oft einseitig verlaufen. David gegen Goliath wäre eine Untertreibung. Übertrieben ist nicht zu sagen, dass sie mich völlig zerstören. Harold ist ein cholerischer Populist und einer der scharf Stereotype bedient. Egal wie unwahr sie sind. Knallhart und überzeugt blauäugig. Aber ich bin eben der Freund seiner Tochter. Da macht man solche Dinge. Und lässt sich gegen die Wand spielen. Irgendwann in der fortschreitenden Diskussion bekommt man dann Anschuldigungen an den Kopf geworfen. Von Harold. Anfeindungen und derbste Beschuldigungen, wobei man keine Zeit bekommt angemessen dazu Stellung zu beziehen oder diese souverän zu entkräften. Das was ich eigentlich gut kann. Aber es geht nicht, denn die nächste Anschuldigung kommt. Von Harold. Alles im  Dauerfeuer. Es prasselt auf einen nieder. Den ganzen Abend. Man erduldet es. Ganz stoisch interessiert.
Politik ist eigentlich nicht mein Steckenpferd. In der Freizeit versuche ich nur -was das politische Geschehen angeht- auf dem Laufenden zu bleiben. Up to date sozusagen. Mehr nicht. Ich lese auf diversen Apps superreicher Verleger die Tagespolitik. So richtig etwas zu Politik steht da eigentlich wenig. Nur unnützer Tand, Klamauk und nichts wirklich Wissenswertes. Alles nur Affenzirkus. Affektiert und aufgeplustert. Davon geb ich mir meistens nur den Klappentext. Oder die Zusammenfassung des Artikels. Sehr selten ganze Artikel. Denn ganze Artikel -besonders die über echte Politik- sind anstrengend. Wirklich gute Artikel gibt es auch eher selten. Gute Politik ist wahrscheinlich zu anstrengend. Genauso sind die Gespräche mit Harold. Ich gebe zu, dass sie ab einem gewissen Punkt eine gewisse Dynamik aufweisen und sich nach Wortgefechten voller Eifer Befriedigung einstellt. Oder so etwas Vergleichbares. Vielleicht ist es Erleichterung. Doch eigentlich kommt diese erst, wenn ich mit meiner Freundin sicher im Auto sitze und auf der Rückfahrt bin. Da -ausgezehrt auf dem Beifahrersitz- brummt mir immer noch etwas der Schädel. Er brummt mir sehr. Von Harolds durchdringender, sich überschlagender Stimme. Vielleicht auch von dem halbvollen Glas Whisky, das er mir ständig bei unserem Besuch anbietet und das ich immer folgsam austrinke, nachdem er mich im Zehnminutentakt dazu nötigt. Manchmal schenkt er nach. Dann muss ich es auch austrinken. Eigentlich trinke ich lieber Wein. Das befördert mein Denken. Wirklich. Aber Wein geht bei ihm nicht durch. Das ist was für Weicheier. Wein trinkt nur einer, der keine Eier in der Hose hat. Ab diesem Moment wird mir immer bewusst, dass Harold sein Frühstücks-Ei hart mag. Ganz sicher bin ich mir da. Was auch sonst. Dass ich nach dem ganzen halbvollen Glas Whisky nicht mit dem Auto seiner Tochter zurückfahre, versteht er nicht. Er fährt, nachdem er mit seinen Kumpels getrunken hat, immer noch Auto. Vom Fußball nach Hause oder in die Dorfkneipe. Egal wohin und wie tief er ins Glas geschaut hat. Er fährt. Er ist eben ein Mann. Ein Mann mit Eiern in der Hose. EIER! Kein schwules WEICHEI! Als ich die grobe Fahrlässigkeit seiner Handlung und üble Nachrede argumentativ verurteilen möchte, blockt er lautstark ab. Ich versuche zu erwidern wie gefährlich Fahren unter Alkoholeinfluss sein kann und gebe mir Mühe die Verantwortungslosigkeit gegenüber seiner Tochter ins Spiel zu werfen. Ich stammle dass.. Doch er schreit mich ungehalten an, mit hervorgetretenen Augen und spuckt Speichel auf mein neues Hemd. Das Hemd, das meine Freundin erst gewaschen und gebügelt hat. Mein Engel. Harold sieht diesen reinen Akt der Liebe nicht und spuckt darauf. Ich solle seine Tochter da raus lassen. Freundchen, schreit er und schüttelt mich nebenbei grob, es geht ums Prinzip! Mann gegen Mann! Eier hat man eben oder man hat sie nicht! Da gibt's nichts dazwischen! Manchmal rüffelt er dazu mein Haar und gibt mir kumpelhaft einen Stoß gegen die Schulter. Den merke ich immer noch mehrere Tage später. Die Stelle wird meist ganz blau. Als es passiert, grinse ich vor Schmerz. Wie jedes Mal, wenn es passiert. Ich grinse aus schierem Schmerz. Und Erleichterung. Denn ich weiß, dass es dem Ende zu geht. Dass wir bald nach Hause fahren.
Das Ende vom Lied und meines gekränkten Stolzes folgt. Er lacht über mich, nennt mich ein Weichei und bricht mir beim Abschied fast die Hand als wir uns diese gegenseitig schütteln. Ganz männlich.
Meine Freundin fährt uns dann beide Heim. Meine Freundin fährt mich Heim.
Ich atme durch und zähle gedanklich die Tage bis zum nächsten Elterngespräch. Bis zum nächsten Politik-Talk mit Harold. Meinem Schwiegervater. Der mit den vielen harten Eiern in der Hose. Wie ich in das Auto geturkelt bin und den Sicherheitsgurt festgemacht habe, weiß ich nicht. Es war bestimmt meine Freundin. Mein Engel. Mir wird schlecht dabei als ich angestrengt überlege, warum ich schon wieder blau bin, aber ich mich nicht erinnern kann. Whisky hatte ich deutlich zu viel. Immer, wenn ich bei den Eltern meiner Freundin war. Wenn ich bei Harold war.
Es sind viele Kurven von dem Haus ihrer Eltern bis zur Autobahn. Ich glaube deshalb wird mir immer schlecht. Von den Kurven. Ich denke freudig an die Kurven meiner Freundin und weiß warum ich diese Besuche mache. Und erdulde. Diesen Politik-Talk mit Harold. Ich mache ihn für sie. Meine Freundin. Und ihre Kurven. Ich kann nicht fahren. „Nach dem Glas Whisky kann ich einfach nicht fahren! Harold könnte das auch nicht!″ Ihr Vater kann das auch nicht. Niemals! Mir wird das voll bewusst als ich das meiner fahrenden Freundin erkläre. Gestikulierend auf dem Beifahrersitz. Sie weiß das, sagt sie und streichelt meinen Kopf. Sie zerzaust mein Haar nur. Ganz sanft. Spielerisch. Mit der Spitze der Finger ihrer rechten Hand. Nicht wie Harold, der mein Haar wild rüffelt und halb an meiner Kopfhaut reißt. Ich greife mir an meine gerade wieder schmerzende Schulter. Irgendwo muss ein blauer Fleck sein. Phantomschmerzen. Ganz real. Gibt's so etwas? Bis zur Hochzeit ist es wohl weg, tröste ich mich unsicher. Schmerzerfüllt reibe ich meine Schulter. Ich schaue wie ein geprügelter Hund zu meiner Freundin. Meinem Engel.
Sie fragt mich warum ich immer mit ihrem Vater trinke. „Mit wem?″ Ihrem Vater. Harold! „Achso mit Harold! Na, weil ich muss", sage ich. Muss!
Ich muss ihn auch immer Harold nennen. Gleich nach dem ersten Besuch wurde das so besiegelt. Diese neue Form der familiären Verbundenheit. Die Verbundenheit mit ihrem irren Vater! Ich hatte da nicht viel Mitspracherecht. Ich wollte das nicht. Aber der Mann mit den Eiern entschied das. Es wurde gleich auf Männerart besiegelt mit einem Glas Whisky. Von diesem ersten Abend wusste ich folglich nicht mehr viel. An die 2 Tage Kopfschmerzen danach erinnere ich mich aber ganz gut. Auch weil sich das aller 5-6 Wochen wiederholt. Diese Kopfschmerzen.
„Du musst das nicht. Das sage ich dir doch immer wieder! Du musst nichts mit ihm trinken, wirklich nicht! Mein Papa ist eben etwas speziell."
Wenn sie wüsste. Verrückt und psychopatisch trifft es eher. Ein Säufer. Ich mache es für sie. 
„Ich mache es für dich", rufe ich meiner Freundin neben mir zu. Für dich.
„Du Spinner", sagt sie lachend. Sie blickt mit ihrem hübschen Gesicht konzentriert auf die unter dem Auto hinweg rollende Straße. „Du bist doch selbst Schuld, wenn du dich darauf einlässt. Wie alt bist du, hm?" Mein Engel. Mein süßer Engel. Recht hat sie.
Sie nimmt die Kurven eng, aber sicher. „Du hast tolle Kurven", lalle ich in ihre Richtung. Das war der Whisky. Sie lacht wissend. „Versuch etwas zu schlafen", haucht sie liebevoll. Es dauert noch etwas bis wir zu Hause seien und wir im Bett lägen.
Ich sage ihr, dass ich morgen Sex zum Frühstück haben möchte. Mit aller Konzentration, die ich noch aufbringen kann, schaue ich sie an. Ich setze meinen Hundeaugen-Blick auf. Der, den sie viel besser kann als ich. Unbedingt Sex zum Frühstück!
„Hart oder weich?", fragt sie schmunzelnd ohne den Blick von der Straße zu nehmen. Ich muss an Harold denken. Meinen Schwiegervater. Hart oder weich? Gott! Jetzt hat Harold sich auch schon in mein Liebesleben eingeschlichen! Ganz hart eingeschlichen.
Beim nächsten Mal zeige ich es ihm. Ich zeige ihm, dass ich kein Weichei bin. Hart" gebe ich meiner Freundin müde zurück. Ich kämpfe noch etwas mit meiner Müdigkeit. Beim nächsten Mal also Mann gegen Mann. Eier gegen Eier. „Richtig hart bitte", füge ich hinzu und schlafe ein. Tief und traumlos. Mein Kopf fällt auf die Schulter und schaukelt etwas als wir durch schnelle Kurven fahren. Ein Schutzengel nimmt sie eng, aber sicher. Ein Schutzengel, der die hübsche Tochter von Harold ist.

Dienstag, 21. März 2017

Drei Sommer Lisa


„Gibt es denn keinen Abschiedskuss?", frage ich hoffnungsvoll.
„Küss mich doch da, wo die Sonne nie hinscheint!", wirft sie mir in ihrer selbstsicheren Art an den Kopf.
Das wirkt stark auf andere. Schon immer. Ich spüre aber, dass ihre Stimme leicht zittert. Als sie sich schnell umdreht, glaube ich kurz in ihren Augen etwas Gläsernes zu sehen. Als würde sie...weinen? Dann ist Lisa fort. Sie liebte schon immer blumige Aussprache. Sie war wie ein Dichter. Und ich weiß, was sie damit meinte: „Leck mich am Arsch!" Ich würde liebend gerne ihren wohlgeformten, sexy Knackarsch lecken, aber dennoch habe ich das Gefühl, dass sie das nicht wörtlich verstanden wissen möchte. Sie hat mich darin geprägt auf die feinen Nuancen ihrer Stimme zu achten. Nuance, auch eines ihrer akademischen Wörter. Sie hat mich ihre Sprache gelehrt. 3 Jahre lang.
Ich wusste es: Sie war eigentlich immer über mir. Nicht nur im Bett. Immer. Von Anfang an konnte ich ihr nie das Wasser reichen. Von Anfang an war sie für mich die geile, intelligente Studentin und ich der blöde, begriffsstutzige Hartzer.
Warum sie mit mir ausging, wusste ich nicht. Mit dem Psycho wollte eigentlich niemand ausgehen. So nannte man mich in der Schule. Psycho. Weil ich früher mal beim Psychologen war. 
Was ich weiß: Sie war meine Welt. Diese Welt hat sie mir erklärt. Nachdem ich sie langsam verstanden habe, hat sie mich abserviert. Ich wusste, dass das so kommt. Von Anfang an wusste ich es. Und so kam es ja auch. Sie war Über. Sie war zu intelligent für mich. Eine andere Galaxie. Sie war die helle Sonne und ich ein dunkler, scheiß unscheinbarer Mond, der willenlos um sie kreiste. Wir passten nicht zusammen, sagte man. Das sagte ihre Mutter. Es sagten auch ihre Freundinnen. Es sagten alle.
Ich fand, wir passten trotzdem gut zusammen. Sie hat oft über mich gelacht. Ich meine, nicht nur über meine Begriffsstutzigkeit und verpeilte Art, sondern weil ich sie wirklich zum Lachen bringen konnte. Glaube ich. Ich war lustig und meine (manchmal etwas schlüpfrigen) Witze kamen bei ihr an. Humor, das war mein Trumpf. So was in der Art sagte sie mir auch einmal. Einmal als sie nach der Erstsemester-Tequila-Party unglaublich voll war und ich sie nach Hause tragen musste. Voll war sie schon nach einem kleinen Bier und drei Tequila. Da ist ihre sonst so starke Stimme dann richtig sanft. Sie selbst wirkt verletzbar, nicht mehr so ernst und selbstsicher: „Weißt du. Du bringst mich als Einziger wirklich zum Lachen. Du schaffst es immer", nuschelte sie damals betrunken auf meinem Rücken. Ich umfasste ihre heißen Schenkel, die aus ihrem kurzen, schwarzen Rock ragten und war wie gelähmt. Ich spürte sie in dieser warmen Nacht im Juli zum ersten Mal richtig.
Nicht nur ihre zarten Beine, sondern sie selbst: diese intelligente Studentin mit dem lachenden Namen Lisa. Die Frau, die immer alles für mich sein wird. Nachdem sie das mit dem Lachen sagte, konnte ich nur weiterhin wie im Rausch geradeaus gehen. Mit ihr auf dem Rücken. Draußen war es warm, aber am ganzen Körper bekam ich Gänsehaut. Ich fühlte sie. Mit jeder Faser fühlte ich sie. Mir war es egal, dass sie danach auf meine neue Wildlederjacke kotzte. Als sie fertig gekotzt hatte, murmelte sie noch etwas Unverständliches. Unter den Brocken hörte ich „mein Sherpa″ und etwas mit „mich keiner wirklich mag″ und „schöne, einsame Welt″ heraus. Dann schlief sie ein. Wie ausgeknipst.
25 Minuten trug ich sie nach Hause. Es fuhr keine S-Bahn und auch kein Bus mehr. Mir tat alles weh. Aber das war mir egal. Ich hätte sie für immer getragen. Egal wohin. Ich trug sie dann zu ihrer Wohnung. Ich war glücklich. Auch als blöder Hartzer und komischer Psycho. Einfach nur glücklich. Ihre Wohnung war da wo wir bisher ab und zu gemeinsam mit ihren versnobten Studienkollegen oder allein Serien geschaut haben. Versnobt ist auch ein Wort von ihr gewesen. Das heißt so viel wie überheblich oder von sich überzeugt sein. Das war ich auch. Mit ihr an meiner Seite -oder eher auf dem Rücken- war ich überzeugt, alles zu schaffen.
An jeden Schritt, den ich sie trug und ihr leises gleichmäßiges Atmen in meinem Ohr hörte, erinnere ich mich. Ab dem Moment wurde für mich eines klar: Ich wollte sie immer zum Lachen bringen. Lisa sollte bei mir immer lachen können, wenn ihr danach ist.
Ich schaffte es irgendwie den Schlüssel in das Schloss ihrer Wohnungstür zu stecken, ohne sie zu wecken und absetzen zu müssen. Auch wenn ich mir dabei leicht den rechten Arm verdrehte, der vom Tragen ohnehin schon höllisch schmerzte. Aber ich wollte sie unbedingt nicht wecken. In ihrer Wohnung angekommen, schloss ich leise die Tür, trug sie durch ihr aufgeräumtes Zimmer und legte sie vorsichtig aufs Bett. Danach massierte ich lange meinen Arm. Der Schmerz tat gut. Der Schmerz machte es real. Er sagte mir, dass es gerade wirklich passierte. Ich stand eine Weile auf ihrem Zimmerteppich und traute mich nicht ihr die schmutzigen, verschwitzten Sachen auszuziehen. Ich hatte das mal in einem amerikanischen Film gesehen. Da zog ein Typ ein Mädchen aus, das ziemlich viel getrunken hatte. Dass ich es nicht tat, hatte nichts mit schüchternem Verhalten zu tun. Das macht man einfach nicht, wenn die Frau nicht ansprechbar ist! Deshalb nahm ich nur steif ihre Bettdecke und deckte sie kurzerhand zu. Ich stand auf und wartete einen Moment. Ich war unschlüssig, ob ich sie nun anschauen durfte oder nicht. Ohne ihr Wissen einfach anschauen. Ich fühlte mich wie ein Einbrecher, der sein Entdecken fürchtet. Nein, eher wie ein Spanner, der etwas Ungeheuerliches tut und verließ ihr Zimmer. Ich ging leise ins Bad und wusch gebeugt die fast eingetrockneten Kotzbrocken von meiner Lederjacke.
Früher oder später wird man angekotzt. Dann fühlt man sich selbst wie Kotze. Für mich war das nichts Neues.  Auf mich wurde immer schon gekotzt. Seit ich klein bin. Deshalb musste ich zweimal im Monat wohin. Zum Psychiater. Psycho war nicht ohne Grund mein Spitzname. Mein Vater kotzte auf mich und meine Mutter auch. In der Schule ging es weiter. Da kotzten meine Mitschüler auf mich. Einer nach dem anderen. Irgendwann fügt man sich dann darin und lebt den Kotzbrocken, weil einen alle zum Kotzen finden. Doch bei Lisa ist es anders. Lisa ist anders. Ich blickte auf.
Lisa ist anders.
Meine Jacke war nun sauber. Ich drehte den Wasserhahn mit einem leisen Quietschen zu und streifte langsam das warme Leder über meine Schulter. Ganz vorsichtig. Mein rechter Arm schmerzte noch immer etwas. Ein tolles Gefühl. Denn Schmerz ist Realität.
Schmerz macht alles ganz und gar real.
Ich war im Begriff zu gehen und gedachte Lisa schlafen zu lassen. Als ich leise das Bad verlassen hatte, ging ich auf Zehenspitzen zur Wohnungstür.
Zu der Tür, die mich in die Realität zurückbringen wird. Nein. Sie wird mich wieder in meine altbekannte Welt kotzen. Eine Welt ohne Lisa. Ich werde beim nächsten Mal besser auf sie Acht geben, gestand ich mir. Sie darf nicht mehr so viel trinken.
Ich starrte eine Weile an Lisas Wohnungstür, die mit Urlaubsbildern beklebt war und überlegte. Auf allen Bildern lächelte sie. Ein glückliches Lächeln.
Ich überlegte lange und wurde mir einer Sache ganz deutlich bewusst. Wie ein Funke Licht in einem Meer von Dunkelheit. Immer heller und heller leuchtete er auf. Besser auf sie Acht geben. Besser auf sie achten. Ja, das werde ich. Mir wurde schmerzlich bewusst, was das heißt.
Es wird nämlich kein nächstes Mal geben. Das war das letzte Mal. Jetzt ist das letzte Mal. Ich habe es dazu kommen lassen, dass sie zu viel trinkt. Das war nur der Anfang. Zu was bin ich noch im Stande? Ich bin nicht normal. Ich bin ein Psycho! Schon immer gewesen. Schizoid. Schizoide Persönlichkeitsstörung. Das sagte selbst mein Psychiater. Ich kann es nicht riskieren sie zu verletzen! Ich will es nicht. Ich bin nicht der Richtige für sie. Nicht gut genug für sie. Das weiß ich. Ich wusste es eigentlich schon immer. Ein anderer wird auf sie aufpassen müssen. Besser als ich es je kann. Sie wird mich vergessen. Das ist besser für sie.  
Ein letztes Mal betrachtete ich die Fotos an der Wohnungstür. Die Fotos mit ihrem Lächeln darauf. Ich wollte ihr Lächeln so lange anschauen, bis ich es nicht mehr vergessen könnte. Sie wird wieder auf einem anderen Foto lächeln. Glücklicher. Mit jemand anderem, der neben ihr lächelt. Glücklich.
Eine Hand an der Messingklinke schaute ich ein letztes Mal zu Lisa ins Zimmer. Einmal will ich sie doch anschauen. Ein letztes Mal. Ob Spanner oder nicht. Ein letztes Mal will ich sie anschauen! Wenigstens ein Mal. Meine Lisa.
Ich spähte angestrengt in ihr Zimmer hinein und suchte Lisas Umrisse. Durch die Dunkelheit erkannte ich es nicht gleich: Ihr Bett war...leer!
Das kann nicht sein! Kalter Schweiß brach mir aus. Ich nahm die Hand vom kühlen Messing der Türklinke und trat verwundert in ihr Zimmer. Mit leicht zusammengekniffenen Augen näherte ich mich Lisas Bett bis ich ganz nah davor stand. Es war leer! Komplett leer. Keine Lisa. Wie kann das sein? Ich habe sie doch eigens ins Bett gelegt und zugedeckt! Oder nicht? Habe ich alles etwa geträumt? Habe ich...habe ich etwa..? Ich griff zweifelnd an meinen Kopf und schloss meine Augen. Nur dreimal tief Ein- und Ausatmen.
Unweigerlich taucht ein hoher, weißer Raum auf. Er beißt sich fürchterlich mit seinem dunklen Parkettboden. In einer Ecke steht eine mickrige Nipapalme. An der rechten Wand hängt ein schlecht gemaltes Panorama, das eine im See spiegelnde Berglandschaft zur Winterszeit zeigt. Etwas mit der Perspektive stimmt da nicht. Mit dem Licht des einzigen Fensters im Raum hätte das Gemälde sicher ganz gut ausgesehen. Es hätte dem Ort mehr Freundlichkeit gegeben. Aber dem war nicht so. Alles im Raum wirkt unpassend. Als stimme etwas nicht. Als müsse man alle darin befindlichen Objekte komplett neu arrangieren, um das volle Potential zur Geltung bringen zu lassen. So liegt das einzige Fenster verschlossen hinter schweren Gardinen, die muffig und nach Zigarrenrauch riechen. Licht gibt nur eine grelle Stehlampe, die sich in der Mitte des verlorenen Raumes befindet. Neben einem kleinen, runden Holztisch mit einer hübschen, zitronengelben Orchidee darauf, die in einer fragil wirkenden Porzellanvase steckt. Herum sind ein simpler, schwarz-lederner Sessel und ein farblich passendes Kanapee organisiert. Der Sessel auf der einen Seite des Tisches, das Kanapee auf der anderen.
Wie oft lag ich auf diesem harten Stück 21. Jahrhundert? 20, 30, 40 Mal? Reicht das? Wie oft? Die genaue Anzahl der Besuche bekomme ich nicht mehr zusammen.
Der Psychiater war mein bester Freund als damals alle auf mich kotzten. Seine runden Brillengläser waren wie zwei Kloschüsseln, welche die ganze Kotze aufnahmen. Seine wulstigen Augenbrauen waren wie zwei Spülschalter. Unablässig gingen sie hoch und runter. Mein Psychiater war wirklich okay. Auch wenn er selbst ein nerviger Besserwisser und schleimiger Aufreißer war. Also privat, außerhalb der Sprechstunde. Innerhalb der Sprechstunde konnte ich bestimmen, da nahm er sich zurück. Auch wenn es sich verdammt hart auf dem schwarzen Kanapee lag. Trotzdem war alles gut. Auch wenn ich dann für viele meiner Mitschüler nur noch Psycho hieß. Das wäre okay gewesen, aber für viele war ich es dann auch. Ein Psycho. Sie kriegten es irgendwie heraus, dass ich dahin ging. Von da an war es dann auch egal, dass ich regelmäßig dahin ging. Trotzdem hatte ich immer etwas, was sie nicht hatten: ich wusste, dass ich kein wirklicher Psycho war.
Es war alles gut. Trotz der immer gleichlautenden Diagnose: Schizoide Persönlichkeitsstörung. Was heißt das schon? Hier auf dem harten Kanapee fühlte ich mich wohl. Gebraucht und verstanden. Und es kostete nichts. Manchmal spielten wir sogar Schach. Mr. Augenbraue und ich. Oft konnte man auch einfach schlafen und musste nichts sagen. Hier in der Sprechstunde kotzte keiner auf mich. Hier war ich mal ich selbst. Es war fast mein wirkliches Zuhause...
Ich riss mich zurück ins Jetzt und öffnete meine Augen. Es war düster. Fast wie in der Praxis bei meinem Psychologen. Gleich werden zwei runde Brillengläser erscheinen, die mich prüfend anschauen.
Ich schüttelte das längst vergangene Bild aus meinen Gedanken.
Ich erkannte ein Bett. Das Bett, wo Lisa hätte liegen müssen. Es war leer. Ich hatte sie doch eigens ins Bett gelegt! Ich könnte schwören. Nein, da war ich mir sicher! Sehr sogar.
Um dem erneut aufkommenden Schock Einhalt zu gebieten, griff ich nach der Decke. Sie war noch warm. Als hätte kürzlich jemand darin gelegen. Als ich mich schon umdrehen wollte, umschlossen mich plötzlich von hinten weiche Hände. Ganz sanft umarmten sie mich. Ich nahm wie im Trance die Hand von der warmen Bettdecke. Fast unhörbar glitt sie zu Boden. Der Boden, der kein dunkler Parkettboden war, sondern Teppich. Der Teppich in Lisas Zimmer. Ich drehte mich erleichtert um. Ich war mir sicher, dass sie da war.
Da war sie! Lisa!
Lisa, die mich immer noch umschlang. Ich drehte mich ganz zu ihr um. Sie ist es. Sie ist hier. Keine Einbildung! Lisa reckte ihren hübschen Kopf leicht nach oben und blickte mich an. Ich war wie gebannt. Lange blickte sie mich an. Ich versuchte jede ihrer Sommersprossen zu zählen, die wie ich wusste, auch in der Dunkelheit da sein mussten. Sie war sehr nah. Heiß spürte ich ihren Atem in meinem Gesicht. Dann konnte ich mich nicht mehr rühren. Ich konnte nichts mehr tun und an nichts denken als sie ihre feuchten Lippen auf die meinen presste. Immer wilder presste sie sich in meinen Mund hinein. Gierig schlürfte sie meine dunkle Seele aus mir, meine Kotzbrocken-Vergangenheit. Dann fraß sie mich vollends auf! Dann fraßen wir uns beide!
Nach dem geilen Sex auf ihrer weichen Wohnzimmer-Couch wurde Lisa dann meine geile, intelligente Studentin. Sie erklärte mir ihre Welt. Ihre Welt der akademischen Wörter. Ich habe sie langsam verstanden. 3 Sommer lang lachte Lisa durch mein begriffsstutziges Leben. Das Leben, das keinen Psychologen, sondern einen Dichter brauchte. Offiziell passten wir nun zueinander. Wir waren eins. Auch ihre Freundinnen fanden das. Ihre Eltern letztens Endes auch.
Das war bevor dem Fremdgehen. 
Das war bevor jemand fremdgegangen ist.
Dieser jemand muss echt ein Kotzbrocken sein.
Ich sehe sie gehen und in der Menge verschwinden.
Für immer.

„ICH bin dieser Kotzbrocken!"

Zwei runde Brillengläser schauen mich über einen Holztisch hinweg fragend an.
Eine Orchidee liegt zerdrückt auf dem Parkettboden, umringt von feinen Porzellanscherben. Ein Klecks Zitronengelb mit winzigen, weißen Strichen, die davon wegstreben. Alles in einem riesigen Meer von Dunkelheit. Eine verlöschende Sonne. Das perfekte Gemälde. Hart spüre ich noch den Druck des unnachgiebigen Leders unter mir, obwohl ich stehe. Mein Arm ausgestreckt, mein Mund geöffnet, die Augen starr. Fast manisch. Wie lange ich schon so verharre, weiß ich nicht. 
Es spielt auch keine Rolle mehr. Nichts spielt mehr irgendeine Rolle. Ich fühle zum ersten Mal die gähnende Leere des Behandlungszimmers. Eine Leere, die mich erdrückt. Erdrückt wie noch nie.
Ich schaue Hilfe suchend zum Fenster. Ein Fenster, das durch dicke Gardinen verborgen bleibt. Nur eine Stehlampe leuchtet grell die Wahrheit aus. Eine Wahrheit, die allein mir gehört: 
Das ist mein Zuhause. 
Ich bin ein Psycho.